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Edge Computing: Datenverarbeitung an der Quelle

Beim Edge Computing werden Daten in unmittelbarer Nähe ihres Erhebungsortes - quasi “on the Edge” - verarbeitet. Wie genau das funktioniert, welche Rolle diese Technologie in der Industrie 4.0 spielt und wie modernes Asset-Managementdadurch noch effizienter wird, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Bild: Edge Computing

Im Zeitalter des digitalen Fortschritts sind Daten zu wertvollen Ressourcen geworden. Damit diese möglichst effizient abgeschöpft, gespeichert und verwertet werden können, wurden spezielle Technologien wie das Cloud Computing entwickelt. Die Idee dahinter: Verzögerungen in der Datenübertragung verringern, Datensicherheit erhöhen, Effizienz steigern.

In diesem Artikel erfahrt ihr, wie das Cloud Computing genau funktioniert, und wo es Anwendung findet. Anschließend zeigen wir, wie die Edge-Technologie mit dem Internet of Things (IoT) im Rahmen der Industrie 4.0 zusammenspielt, um Konzepte wie Voraussagende Wartung (Predictive Maintenance) oder moderne Geschäftsmodelle wie Asset-as-a-Service umzusetzen.

Key Takeaways:

  • Schnelle und effiziente Datenverarbeitung vor Ort: Edge Computing ermöglicht die Verarbeitung von Daten direkt an der Quelle (on the Edge), was Latenzzeiten reduziert und sofortige Reaktionen in kritischen Anwendungen wie selbstfahrenden Autos und industriellen Anlagen ermöglicht.
  • Erhöhung der Datensicherheit und -effizienz: Durch die lokale Verarbeitung bzw. Vorverarbeitung von Daten werden diese separiert, sodass nur die notwendigen Informationen an zentrale Systeme weitergeleitet werden. Dies entlastet Netzwerke, erhöht die Datensicherheit und schützt sensible Informationen vor potenziellen Bedrohungen.
  • Optimierung und Integration in Industrie 4.0: Edge Computing ist ein wesentlicher Bestandteil der Industrie 4.0. Es verbessert die Anlagenüberwachung, ermöglicht vorausschauende Wartung und optimiert Produktionsprozesse. Zudem unterstützt es die Integration heterogener Systeme und verbessert die Ressourcennutzung in modernen Industrieumgebungen.

Edge Computing: Definition

Edge Computing ist eine Technologie, bei der die Verarbeitung erhobener Daten in unmittelbarer Nähe der Datenquellen - also on the Edge stattfindet. Anders als beim Cloud Computing, bei dem Daten in einer zentralen Plattform oder einem entfernten Rechenzentrum verarbeitet werden, ermöglicht Edge Computing eine Analyse bzw. Vorverarbeitung direkt vor Ort. Dies reduziert die Latenz (Verzögerungen) und ermöglicht schnellere Reaktionszeiten.

Somit ist das Edge Computing gewissermaßen eine Methode zur Abkürzung von Datentransfer-Wegen, um Schnelligkeit, Effizienz und Datenschutz zu erhöhen.

Warum Edge Computing?

  • Schnelligkeit: Da die erhobenen Daten beim Edge Computing direkt vor Ort verarbeitet werden, kommt es zu weniger Verzögerungen (Latenz). Das ist besonders wichtig für Anwendungen, die sofortige Reaktionen erfordern, wie z.B. bei selbstfahrenden Autos oder in intelligenten Fabriken.
  • Effizienz: Edge Computing ermöglicht die Verarbeitung bzw. Vorverarbeitung von Daten direkt an der Datenquelle, sodass entweder sofortige Aktionen ausgeführt werden, oder - im Falle einer Vorverarbeitung - nur die tatsächlich notwendigen Informationen weitergeleitet werden können. Das entlastet das Netzwerk und spart Ressourcen.
  • Datenschutz: Jeder Weg, den Daten zurücklegen müssen, ist mit potentiellen Gefahren hinsichtlich der Datensicherheit verbunden. Da Edge Computing diese Wege abkürzt bzw. komplett erspart, erhöht dies die Sicherheit sensibler Informationen.

Edge Computing: Ein Beispiel

Stellen wir uns eine große Gartenanlage vor, die regelmäßig ausreichend bewässert werden muss. Um die Bewässerung möglichst effizient zu gestalten, wurden IoT-Sensoren installiert, die die Bodenfeuchtigkeit messen und - bei zu trockenem Boden - ein automatisch Signal an die Bewässerungsanlagen weitergibt. Ohne Edge Computing sähe der Prozess hierbei folgendermaßen aus:

  • Datenerhebung: Der IoT-Sensor misst die Bodenfeuchtigkeit.
  • Datenübertragung: Die Daten werden an ein entferntes Rechenzentrum (in der Cloud) gesendet.
  • Datenverarbeitung: Im Rechenzentrum werden die Daten analysiert, um festzustellen, ob die Pflanzen Wasser benötigen.
  • Rückmeldung: Das Ergebnis wird zurück an deine Bewässerungsanlage gesendet, die dann entscheidet, ob sie das Wasser einschaltet oder nicht.

Dieses Prozedere kann einige Sekunden oder sogar Minuten in Anspruch nehmen. Die Verzögerung ist dabei von der Internetverbindung und der Entfernung des zentralen Rechenzentrums abhängig. Wird Edge Computing verwendet, würde das Ganze so aussehen:

  • Datenerhebung: Der IoT-Sensor misst die Bodenfeuchtigkeit.
  • Datenverarbeitung vor Ort: Statt die Daten an ein entferntes Rechenzentrum zu schicken, werden kleine Computer oder Mikrocontroller direkt neben den IoT-Sensoren platziert und mit diesen verbunden, so dass die Datenverarbeitung sofort stattfinden kann.
  • Sofortige Entscheidung: Der lokale Computer analysiert die Daten in Echtzeit und entscheidet, ob die Bewässerung eingeschaltet werden soll oder nicht.

In welchen Bereichen kommt Edge Computing zum Einsatz?

Edge Computing finden in verschiedenen Branchen und Bereichen Anwendung. Insbesondere dort, wo Prozesse schnell und glatt laufen müssen, ist eine geringe Latenz entscheidend. Hier einige einschlägige Beispiele.

Industrie und Fertigung

Im industriellen Bereich kommt Edge Computing häufig in Verbindung mit IoT-Sensoren zum Einsatz, die Daten von Maschinen und Anlagen in Echtzeit erheben. So wird eine pausenlose Überwachung sowie die Fernsteuerung von Maschinen möglich. Außerdem spielt das Edge Computing bei der Umsetzung von prädiktiver Wartung (Predictive Maintenance) eine entscheidende Rolle.

Autonomes Fahren

Selbstfahrende Autos sind auf eine schnelle Datenverarbeitung angewiesen, um in Echtzeit auf Verkehrsbedingungen, Hindernisse und andere Fahrzeuge zu reagieren. Hier kommt Edge Computing zum Einsatz, um solche unmittelbaren Reaktionen zu ermöglichen.

Smart Cities

Auch in Smart Cities ist der Einsatz von Edge Computing beinahe zwangsläufig nötig, um die Daten von Verkehrsampeln, Kameras und Sensoren in Echtzeit zu verarbeiten. Dies ist wichtig, um Staus zu verhindern und den Verkehrsfluss zu optimieren. Darüber hinaus nutzen Überwachungskameras und andere Sicherheitssysteme Edge Computing, um potentielle Bedrohungen schnell zu erkennen und sofortige Maßnahmen zu ergreifen.

Gesundheitswesen

Auch im Gesundheitswesen spielt die schnelle Verarbeitung von Prozessen eine große Rolle. So können tragbare Geräte und Sensoren Vitaldaten von Patienten in Echtzeit überwachen und bei kritischen Veränderungen sofort Alarm schlagen. Außerdem hilft Edge Computing bei der nahtlosen Verarbeitung von Bildern und Scans in der Klinik, um die Diagnosezeiten zu verkürzen.

Edge Computing in der Industrie 4.0

In der industriellen Produktion können wenige Sekunden viel Verlust bedeuten. Daher sind im Rahmen der Industrie 4.0 Überwachungssysteme entwickelt worden, die den Betrieb von Anlagen in Echtzeit überwachen und regulieren. Dabei werden Maschinen und Prozessen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und dem Internet der Dinge (IoT) vernetzt.

Im Folgenden beschreiben wir die Funktionsweise von Edge Computing im Kontext der Industrie 4.0 etwas genauer und zeigen, welche Prozesse hier möglich sind.

1. Anlagenüberwachung mit IoT und Edge Computing

Stellen wir uns eine hochmoderne Industrieanlage vor, in der täglich eine Vielzahl von Produkten hergestellt wird. Ähnlich wie im Gartenanlagen-Beispiel weiter oben, werden hierbei Betriebsdaten wie Temperatur, Druck, Vibration, Energieverbrauch und Maschinenleistung kontinuierlich von IoT-Sensoren erfasst, an Edge Computing-Geräte weitergeleitet und dort verarbeitet.

Aus dieser Echtzeitanalyse gehen nun zwei parallel zueinander verlaufende Prozesse hervor.

Einerseits werden die Daten für die Weiterleitung an eine externe, zentrale IoT-Plattform vorverarbeitet; andererseits werden auf Grundlage der Analyse vor Ort sofortige Prozesse ausgelöst. Schauen wir uns das genauer an.

  • Vorverarbeitung in Edge Geräten

Bei einer modernen Anlagenüberwachung werden selbst kleinste Abweichungen im Betriebslauf sofort erkannt. So können aufkommende Anomalien schnell abgewendet und potentielle Produktionsdefizite verhindert werden. Um solche Anomalien und Abweichungen erkennen zu können, wird allerdings zunächst ein Muster benötigt, das den idealen Betriebslauf abbildet.

Dieses Muster wird nicht in den Edge-Geräten, sondern in einer zentralen IoT-Plattform gebildet und dort anhand aktueller und historischer Anlagendaten stetig aktualisiert. Das aktualisierte Muster wird in regelmäßigen Abständen an die Edge-Geräte zurückgesendet, sodass diese immer mit den neuesten verfügbaren Mustern arbeiten.

  • Schnelle Reaktion bei Abweichungen

So haben die Edge-Geräte die notwendige Grundlage und können prüfen, ob die erhobenen Echtzeitdaten vom aktuellen Muster abweichen. Ist dies der Fall, können die Geräte sofort entscheiden, ob die betroffene Maschine verlangsamt oder sogar gestoppt werden muss, um potentielle Schäden zu verhindern.

2. Vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance)

Auf dem Prinzip der Musterbildung und -erkennung basiert auch das Modell der Vorausschauenden Wartung. Hier werden die analysierten Daten genutzt, um bevorstehenden Wartungsbedarfe zu berechnen. So können Wartungsarbeiten geplant werden, bevor es zu Verschleiß oder zu einem tatsächlichen Ausfall kommt.

Die vorausschauende Wartung setzt nicht zwingend den Einsatz von Edge Computing voraus. Allerdings kann Edge-Technologie dazu beitragen, Überwachungsprozesse enger zu fassen, wodurch Probleme früher erkannt und Entscheidungen dementsprechend früher getroffen werden können.

3. Optimierung der Produktionsprozesse

Die stetige Analyse von Produktionsdaten ist ein wichtiger Grundbaustein für die fortwährende Optimierung der Produktionsprozesse. Wird beispielsweise festgestellt, dass eine bestimmte Maschineneinstellung die Produktqualität verbessert, kann diese Information sofort in den Produktionsprozess implementiert werden. Edge Computing verkürzt hier die Kommunikationswege und ermöglicht so eine nahtlose Optimierung in Echtzeit.

4. Asset-Management

Anlagenüberwachung in Echtzeit, vorausschauende Wartung, Optimierung von Produktionsprozesse: Das alles sind Kernelemente eines modernen Asset-Managements. Hier bietet die Edge-Technologie allerdings weitere wichtige Vorteile, wie zum Beispiel die Möglichkeit zur Konnektion und Integration heterogener Systeme, insofern diese unterschiedliche Kommunikationsprotokolle verwenden. Auch die Ressourcennutzung kann mittels Echtzeitanalyse und -steuerung per Edge-Technologie erheblich verbessert werden.

Asset-as-a-Service

Moderne Geschäftsmodelle verabschieden sich zunehmen vom Produktzentrierten Ansatz und setzen das Serviceangebot in den Mittelpunkt. Ein gutes Beispiel dieser unter dem Begriff Servitization laufenden Angebote ist das Asset-as-a-Service-Modell, bei dem Unternehmen Anlagen und Maschinen verleihen, und nach Zeit oder produzierter Menge abrechnen.

Hier bringt das Edge Computing einen entscheidenden Mehrwert, da es eine präzisere Berechnung gewährleistet, dem Kunden dadurch mehr Sicherheit bietet und die Servicedienstleistung insgesamt professioneller erscheinen lässt.

  • Was ist Edge Computing?

    Edge Computing ist eine Technologie, bei der Daten direkt an der Quelle verarbeitet werden, also genau dort, wo sie erhoben wurden. Das erspart den Datentransfer über weite Wege, wodurch Zeit gewonnen werden kann und ein Reagieren in Echtzeit möglich wird.

  • Welche Vorteile bietet Edge Computing?

    Edge Computing sorgt für geringere Latenzzeiten, steigert die Effizienz der Datenverarbeitung und erhöht die Datensicherheit. Es ermöglicht schnellere Reaktionen, spart Netzwerkressourcen und reduziert das Risiko von Sicherheitsverletzungen und Datenverlusten.

  • Wo wird Edge Computing angewendet?

    Edge Computing wird unter anderem in der Industrie und Fertigung (Echtzeitüberwachung und prädiktive Wartung), im autonomen Fahren (schnelle Reaktionsfähigkeit), in Smart Cities (Verkehrssteuerung und Überwachung) und im Gesundheitswesen (Echtzeitüberwachung von Patientendaten) eingesetzt.

Fazit:

Edge Computing ist eine moderne Technologie, die die Datenverarbeitung direkt an der Datenquelle (”on the Edge”) ermöglicht. Dadurch werden Latenzzeiten reduziert und die Effizienz sowie Datensicherheit erhöht. Dies spielt eine entscheidende Rolle im Kontext der Industrie 4.0 sowie im modernen Asset-Management, da somit schnelle und unmittelbare Reaktionen möglich werden.

Edge Computing kommt in diversen Bereichen zum Einsatz. Es hilft bei der Automatisierung in der industriellen Produktion, ist eine wichtige Voraussetzung für das autonomes Fahren und koordiniert Überwachungsmechanismen in Smart Cities.

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